Die Beichte

Robert hat einen schweren Gang vor sich. Vielleicht den schwersten in seinem dreizehnjährigen Leben. Heute Nachmittag hat er mit dem Luftgewehr seines Bruders einen Vogel erschossen. Nicht aus Versehen. Nein er hat bewusst gezielt und abgedrückt. Es war kaltblütiger Mord. Jetzt sitzt er in der Kirche vor dem Beichtstuhl und wartet bis er frei ist. Mit hochrotem Kopf verlässt eine Frau den dunklen Verhau und Robert ist an der Reihe.

„Gelobt sei Jesus Christus.“
„'n Ewigkeit Amen“, antwortet schläfrig die Stimme hinter dem Gitter
„Seit meiner letzten Beichte sind vier Wochen vergangen.“
„Mhm.“
„Ich bin ungehorsam gewesen.“
„Mhm, mhm.“
„Ich habe meinen Vater belogen.“
„Mhm.“
„Ich habe meiner Mutter zwei Euro gestohlen.“
„Ach?“
„Ich habe getötet.“
„Mhm, ja, ja weiter.“
„Aber ... ich habe einen Vogel totgeschossen!“
„Ja, ja weiter.“
„Er ist vom Baum gefallen und war sofort tot.“
„Bereust du es? Gut, weiter.“
„Ich bin unkeusch gewesen.“
„So, so, allein oder mit anderen?“
Die Stimme hinter dem Gitter erwacht. Der zusammengesackte Umriss des Körpers strafft sich.
„Der ganze Kopf war blutig.“
„Ja, ja, mit wem warst du unkeusch?“
„Mit ... Marc Weber. Der Vogel, es war ein Spatz...“
„Spatz? ja, ja, Marc Weber sagst du? Mein Sohn das ist widernatürlich. Pfui Teufel. Wenn du Vergebung willst musst du mir sagen was ihr getan habt.“
„Es war mit seiner Schwester Maria.“
„Ihr wart zu dritt? Mit seiner Schwester? Weißt du nicht was in Sodom und Gomorra passiert ist? Wie kann Maria sich nur auf euch beide einlassen?“
„Maria weiß davon nichts.“
„Was? Wie? weiß nichts? Habt ihr euch im Schlaf an ihr vergangen?“, fragt die Stimme etwas erregter.
Roberts Herz schlägt so laut und dumpf wie eine Kesselpauke. Er ist verwirrt. Sein Vogelmord wird überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
„Nein, nein, von Marc`s Baumhaus kann man in das Fenster von Maria sehen. Wenn die sich umzieht, tanzt sie nackt in ihrem Zimmer.“
„Sie zieht sich nackt aus und tanzt? Ohne BH und Höschen?“
„Ja, halt so wie Striptease im Fernsehen.“
„Und was macht ihr?“
„Wir ziehen unsere Hosen runter und fassen uns an.“
„Wo fasst ihr euch an?“
„Na ja, unten halt.“
„Weißt du nicht, was das für eine Beleidigung für Maria ist?“
„Aber sie weiß es doch gar nicht.“
„Das spielt keine Rolle. Wenn ich mir eure schmutzigen Gedanken vorstelle, wenn sich das unschuldige Mädchen auszieht. Ein Stück nach dem anderen. Das Hemd über ihren strammen Brüsten und das Höschen... und sie in ihrer ganzen Blöße so tanzt.“ Die Stimme klingt atemlos und verstummt.
Robert tun die Knie weh. Schweiß läuft ihm über die Stirn. Langsam wird ihm bewusst wie lange eine Ewigkeit dauert.
Dann kommt die Erlösung.
„Zur Buße betest du zehn Gegrüßt seiest du Maria... Nein warte, bete lieber zwanzig Vater unser.“

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